Interview de Dan Kersch avec la Revue

"Wenn die Kirche im Besitz der Gemeinde ist, dann kann diese frei darüber verfügen, was aus dem Gebäude wird"

Interview: REVUE (Stefan Kunzmann)

REVUE: In vielen Gemeinden stellt sich die Frage, was mit den Kirchengebäuden geschieht. Ihr Ministerium hat kürzlich ein Rundschreiben verschickt. Was beinhaltet dies?

Dan Kersch: Das Rundschreiben geht auf die Konvention zwischen der katholischen Kirche und der Regierung zurück. Dabei hatten wir zwei Aufgaben zu bewältigen: einmal das zu realisieren, was auch im Regierungsprogramm steht, nämlich die Gemeinden kurzfristig davon zu befreien, dass sie für die Defizite der Kirchenfabriken aufkommen und ein Pfarrhaus zur Verfügung stellen müssen. Das hat kaum Anlass zu größeren Diskussionen gegeben. Die katholische Kirche akzeptierte es. Wir stellten jedoch fest, dass es auf dem Gebiet der Gemeinden sehr viele Probleme gibt, was die Eigentumsverhältnisse bei den Kirchengebäuden betrifft.

REVUE: Wem gehören diese?

Dan Kersch: Bei den allermeisten Kirchengebäuden im Lande ist es nicht klar, wer der Eigentümer ist - die Gemeinde, die Kirchenfabrik oder sogar der Staat. Es gibt in den meisten Fällen keine Besitztitel. Auch die Kataster geben uns darüber keinen Aufschluss. Deshalb wäre es nützlich, ein für alle Mal zu klären, wer Besitzer eines Kirchengebäudes ist. Daher einigten wir uns darauf, den gesetzlichen Weg zu gehen.

REVUE: Wie äußerte sich die katholische Kirche?

Dan Kersch: Sie hatte eine gewisse Vorstellung darüber, wie viele Kirchengebäude sie braucht, um ihrer Religion nachgehen zu können. Während der Gespräche hat sich die Zahl immer weiter erhöht. Die katholische Kirche sagte schließlich, dass sie im Moment außer Stande sei, eine feste Zahl anzugeben. So beschlossen wir, die Entscheidung in die Hand der Gemeinden und Kirchenfabriken zu geben. Die rund 500 Kirchengebäude im Land, die aufgeteilt werden, sollen entweder an den "Fonds de la gestion des édifices religieux du culte catholique" gehen, welcher der katholischen Kirche untersteht, wonach sie für den Unterhalt der Kirchen aufkommen muss. Andererseits gibt es Kirchen, die den Gemeinden gehören, für die diese dann aufkommen müssen.

REVUE: Die Konvention sieht die Ablösung der Kirchenfabriken durch den Fonds vor. Bedeutet dies also deren Ende?

Dan Kersch: Ja. Die Kirchenfabriken sind keine Vereinigungen aufgrund freiwilliger Zusammenschlüsse. Sie entstanden durch ein Dekret von 1809. Als Napoleon nach Luxemburg kam, beschlagnahmte er den gesamten Kirchenbesitz. Anschließend gab er der Kirche wieder einiges zurück. Aus dieser Situation heraus entstand die Unsicherheit über die Besitzverhältnisse. In dem Dekret wurde klar definiert, wer in einer Kirchenfabrik vertreten ist: der Pfarrer, der Bürgermeister, Notabein der Gemeinden. Wenn also die Kirchenfabriken aufgelöst werden, müssen auch ihre Besitztümer geregelt werden. Das ist in der Konvention festgehalten. Die 285 Kirchenfabriken fließen mit allen Aktiva und Passiva in den Fonds der katholischen Kirche mit ein.

REVUE: Warum entscheidet nicht die Regierung oder das Bistum darüber, was mit einer Kirche passiert?

Dan Kersch: Es ist nicht Aufgabe der Regierung oder des Bistums, das zu entscheiden, sondern es soll auf lokalem Niveau geregelt werden, welche Kirchen den Gemeinden gehören und welche dem Fonds. Dies wird der Gesetzgeber dann auch so übernehmen.

REVUE: Was geschieht mit denen, die im Besitz des Fonds sind?

Dan Kersch: Solange eine Kirche im Besitz des Fonds ist, kann sie nur für kirchliche Zwecke benutzt werden, nicht für kommerzielle. Der Fonds muss dann auch für den Unterhalt sorgen. Er darf das Gebäude zum Beispiel nicht verfallen lassen. Wenn der Fonds die Kirche nicht mehr für religiöse Zwecke nutzen möchte, kann er sie verkaufen, muss aber vorher den Staat oder die Gemeinden fragen, ob diese das Gebäude kaufen wollen. Zu einem symbolischen Preis von einem Euro.

REVUE: Der Escher Schöffe Jean Tonnar würde gerne Schulklassen in der Escher "Paters-Kierch" unterbringen. Geht das?

Dan Kersch: Wenn die Kirche im Besitz der Gemeinde ist, dann kann diese frei darüber verfügen, was aus dem Gebäude wird. Wir haben in unserem Rundschreiben erklärt, was damit geschehen kann. Die Gebäude können zum Beispiel als Schule oder als Bibliothek genutzt werden - für alle möglichen Aktivitäten. Allerdings muss die Würde des Ortes gewahrt bleiben.

REVUE: Wie wird dabei vorgegangen?

Dan Kersch: Der Gemeinderat entscheidet darüber, die Kirche zu desakralisieren. Dies geschieht dann durch das Bistum.

REVUE: Wird also die Verantwortung auf die lokale Ebene übertragen?

Dan Kersch: Nein, es ist keine Verlagerung. Die Verantwortung obliegt weiterhin dem Gesetzgeber. Wir lassen die Gemeindeautonomie gelten und erkennen die Entscheidung auf lokaler Ebene an. Der ideale Fall wäre, dass sich Gemeinden und Kirchen einig sind, welche Gebäude in den Besitz der Gemeinde übergehen sollten und welche an den Fonds. Wenn ein Atheist wie ich mit einem Jesuitenpfarrer wie Herrn Gillen gemeinsam zu einer Einigung kommen können, dann müsste es auch möglich sein, dass Leute auf lokalem Niveau zu Arrangements im Sinne der Allgemeinheit kommen. Wir sind aber so realistisch zu wissen, dass nicht überall im gleichen Geiste verhandelt wird, wie es auf nationalem Niveau stattfand.

REVUE:  Ist also Streit vorprogrammiert?

Dan Kersch: Wenn die Gemeinden mit ihren jeweiligen Kirchenfabriken nicht zu einem gemeinsamen Entschluss kommen, dann muss der Gesetzgeber einschreiten. Das Parlament muss dann, nachdem es die Stellungnahme des Bistums eingenommen hat, entscheiden.

REVUE: Welche Gebäude haben einen nationalen Status?

Dan Kersch: Nur zwei: die Kathedrale in der Hauptstadt und die Basilika in Echternach. Für diese beiden werden zusätzliche Konventionen zwischen Staat und Kirche verabschiedet.

REVUE: Eine mehr als zweihundert Jahre alte Regelung wird über Bord geworfen. Und das ganz ohne Widerstand?

Dan Kersch:  Es ist nicht so, dass es keinen Widerstand gibt. Innerhalb der Gemeinden haben verschiedene Vertreter der Kirchenfabriken alle möglichen Ideen auf Lager, um das, was zwischen Regierung und Bistum abgemacht wurde, zu hintergehen. Der Fantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt. Ich finde das bedauerlich. Hier sollte man in dem gleichen Geist, wie es auf nationalem Niveau geschah, verhandeln.

REVUE: Und dieser Geist schien auch im Sinne der Kirche zu sein.

Dan Kersch: Bei dem Abkommen zwischen Kirche und Regierung ging es nicht darum, den Krieg gegen die Kirchen auszurufen, sondern darum, langfristige Absicherungen zu garantieren, damit die Gemeinden von einer finanziellen Last befreit werden und sie nicht die Zahlmeister der Nation bleiben, und auf der anderen Seite, dass die katholische Kirche hier nach wie vor ihre Religion ausüben kann. Wenn dies jetzt auf lokalem Plan untergraben wird, unter Anleitung von selbst ernannten Interessenvertretern, dann ist dies äußerst bedauerlich. Die Kirche ist nicht unbedingt der Verlierer. Sie bekommt die Möglichkeit mitzuentscheiden, welche Gebäude sie in Zukunft bekommt.

REVUE: Die Kirche soll also im Dorf bleiben.

Dan Kersch: Ja. Aber sie muss nicht unbedingt Kirche bleiben.

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